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Preußisches Militär als Tradition und Erbe
Die aktuellen Verbrechen der russischen Armee in der Ukraine zeigen mit aller Deutlichkeit, wie die historisch gewachsenen, latenten und manifesten Potenziale eines hegemonialen Überlegenheitsanspruchs zur Entgrenzung von Gewalt und zum Krieg führen können. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, nach politisch-ideologischen Prägungen des Militärs zu fragen. Inwiefern stellt die imperiale/koloniale Gewalt eine legitimierende Kontinuität im Denken und Handeln der Soldaten dar? Die am 13./ 14. Januar 2023 im Potsdam Museum – Forum Für Kunst und Geschichte durchgeführte Tagung ging dieser Frage am Beispiel des preußischen Militärs nach. Anhand von Motivationen personellen und institutionellen Entscheidungen sowie ihren Zusammenhängen wurden Funktion und Ausrichtungen des preußischen Militärs aufgezeigt. Gefragt wurde auch, wie der preußische Staat sein Militär organisierte, welche militärische Pflichten er seinen Einwohnern auferlegte und wie seine ideologische Ausrichtung das Militärsystem prägte.
Angesichts des Vorhabens, die Potsdamer Garnisonkirche als Wahrzeichen des Friedens wiederaufzubauen, scheint die reflektierte ortsbezogene Auseinandersetzung mit der preußischen Militärgeschichte von großer Wichtigkeit. Denn das Bauwerk ist die bauliche Ikone der Potsdamer Eliteregimenter der Semper-Talis-Tradition, welche die Bundeswehr 1961 wieder aufgegriffen hat. Ist es aber für eine demokratische Parlamentsarmee zielführend, sich auf die Semper Talis Tradition zu berufen? Die Tagung näherte sich allen diesen Fragen aus multidisziplinärer Perspektive und auf Basis der aktuellem Forschungen zum preußischen Militärwesen.
Untenstehend finden sich die Videomitschnitte der gesamten Tagung, die von Renata Schmidtkunz moderiert wurde. Ein Buch zur Tagung als Sammelband ist in Vorbereitung und soll im Fürhjahr 2024 erscheinen.
Begrüßung: Michael Karg (Martin-Niemöller-Stiftung)
Einleitung: Agnieszka Pufelska und Philipp Oswalt
Kulturen des Militärischen
Militarisierung der Gesellschaft: John Zimmermann
Kardettenschule: Olaf Briese
Kameradschaft und militärische Kultur im 20. Jahrhundert: Thomas Kühne
Luisenbund. Frauen im Militärstaat: Jeanette Toussaint
Diskussion
Gewaltakte und Gewaltexzesse
Preußische Angriffskriege/Preußische Teilungen: Agnieszka Pufelska
Kolonialkriege in Deutsch Ostafrika, Lettow-Vorbeck: Sandra Maß
Freicorps: Rainer Orth
Verbrechen der Wehrmacht in Polen: Jochen Böhler
Diskussion
(Un-)Geist von Potsdam:
Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I: Barbara Stollberg-Rilinger
„Auf den Opfern und auf den Waffen beruht der Sieg“ – militaristische Netzwerke in Potsdam während der Weimarer Republik, Matthias Grünzig
Das Potsdamer Infanterie-Regiment 9 zwischen sozialer Exklusivität und militärischer Professionalität: Marcus Funck
Die Potsdamer Garnisonkirche als Symbolbau des Geistes von Potsdam: Philipp Oswalt
Diskussion
Innergesellschaftliche Militärkonflikte
Niederschlagung der Revolutionen von 1848 und 1918/19: Rüdiger Hachtmann
Die Geburt der Nation aus dem Krieg: Einigungskriege: Christine Krüger
(Musste wegen Krankheit entfallen, wird aber in der Buchpublikation aber mit aufgenommen)
Militärkritik in der Weimarer Zeit, Beispiel Weltbühne: Friedhelm Greis, Stefanie Oswalt
Deserteure: Michael Sikora
Diskussion
Traditionsstolz oder Lange Schatten?
Kontinuitäten nach 1945: Detlef Bald
Der Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 und die Ambivalenz seiner Erinnerungskultur“ Linda von Keyserlingk-Rehbein
Skandale in Uniform: Jakob Saß
Höhen und Abgründe. Die Bedeutung älterer deutscher Streitkräfte für das Traditionsverständnis und die Traditionspflege der Bundeswehr: Sven Lange
Diskussion
Am Sonntag, 15.1.2023 fand noch ein militärhistorischer Stadtspaziergang mit Carsten Linke statt, der aber nichzt videografisch dokumentiert ist.
Veranstalter
Lernort Garnisonkirche Potsdam
in Kooperation mit
Nordost-Institut an der Universität Hamburg in Lüneburg
Potsdam Museum – Forum Für Kunst und Geschichte
Unterstützt
von der Bundeszentrale für politische Bildung
Referent*Innen
Dr. Detlef Bald, Politikwissenschaftler und Militärhistoriker, München
PD Dr. Jochen Böhler, Direktor des Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien, Wien
PD Dr. Olaf Briese, Kulturwissenschaftler, Humboldt-Universität zu Berlin
Dr. Marcus Funck, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin
Friedhelm Greis, Journalist, Berlin
Dr. Matthias Grünzig, Historiker und Publizist, Berlin
Prof Dr. Rüdiger Hachtmann, Historiker, TU Berlin und Senior Fellow am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Michael Karg, Propst i.R. und Vorsitzender der Martin-Niemöller-Stiftung
Dr. Linda von Keyserlingk-Rehbein, Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Passau
Prof. Dr. Christine Krüger, Historikerin, Universität Bonn
Prof. Dr. Thomas Kühne, Historiker, Direktor des Strassler Center for Holocaust and Genocide Studies an der Clark University, Massachusetts.
Dr. Sven Lange, Militärhistoriker und Oberst, Kommandeur des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) und Mitglied des Kuratorium Stiftung Garnisonkirche
Carsten Linke, Bürgerrechtler und Publizist, Potsdam,
Prof. Dr. Sandra Maß, Historikerin, Ruhr-Universität Bochum
Dr. Rainer Orth, Historiker, Frankfurt am Main
Prof. Dr. Philipp Oswalt, Architekturwissenschaftler, Universität Kassel
Dr. Stefanie Oswalt, Historikerin und Publizistin, Berlin
PD Dr. Agnieszka Pufelska, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Nordost-Institut der Universität Hamburg
Jakob Saß, Historiker, Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
Renata Schmidtkunz, Redakteurin, ORF, Wien
Apl. Prof. Dr. Michael Sikora, Historiker, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger, Historikerin, Rektorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin
Jeanette Toussaint, Ethnologin und Publizistin, Potsdam
John Zimmermann, Militärhistoriker und Oberstleutnant, Forschungsbereichsleiter am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr
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