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Ein Kommentar zur Eröffnung des Kirchturm am 22. August 2024
Binnen 5 Tagen haben sich über 7.000 Menschen der an den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gerichtete Petition „Garnisonkirche Potsdam – die Verbindungen zu Rechtsextremen brechen!“ angeschlossen und es werden stündlich mehr. Zu den Unterzeichner gehören namhafte Personen des öffentlichen Lebens wie etwa Manos Tsangaris als Präsident der Akademie der Künste.
Allen Protesten zum Trotz wird heute das Projekt eingeweiht. Frank-Walter Steinmeier als Schirmherr des Projektes wird sicherlich mahnende Worte finden und die Funktion eines Lernorts Deutscher Geschichte herausstellen. Die Wirklichkeit ist eine andere. Mit ihrer Werbekampagne für das „Wow-Wahrzeichen“ zeigt die Stiftung, worum es geht: Im Zentrum des Projektes steht der 360-Grad Panoramablick auf 57 Meter Höhe – „Rundumblick mit Wow-Effekt“. Den Blick will man lieber nicht so genau auf die Geschichte des Ortes lenken, sondern lieber in die Ferne schweifen lassen – über die für Kulturtouristen als preußisches Arkadien inszenierte einstige Militär- und Soldatenstadt Potsdam. Bereist einmal – in den Jahren 1933 – 1945 war die Kirche ein touristischer Hotspot – als nationalsozialistischer Wallfahrtsort. Daran mag man sicherlich nicht anknüpfen. Heute dient die Touristifizierung der Entpolitisierung und Verharmlosung eines Symbolorts, der wohl wie kein anderer für die deutschen Gewaltideologien des 20. Jahrhunderts steht.
Im Erdgeschoss gibt es eine kleine Kapelle mit dem alten Feldaltar der einstigen Garnisonkirche. An diesem Altar wurden die Soldaten des Völkermords an den Herero und Nama gesegnet und geehrt, an diesem Altar wurden die Soldaten auf Adolf Hitler vereidigt, hier wurden die Heerscharen für die deutschen Angriffskriege des Ersten und Zweiten Weltkriegs mobilisiert und von diesem Altar wurden zahllose rassistische, volksverhetzende, kriegsverherrlichende und antidemokratische Predigten und Reden gehalten.
Von diesen Abgründen Deutscher Geschichte ist in der Kampagne zum Wow-Effekt nicht die Rede. Beworben wird nicht ein Lernort, sondern eine Aussichtsplattform mit integrierter Kapelle, und dies noch in einem Bau, der als einer der schönsten Barockarchitekturen Norddeutschland verklärt wird.
Doch der wiederaufgebaute Turm der Garnisonkirche ist nicht lediglich ein neuer touristischer Hot-Spot für Potsdam. Für Rechtsradikale ist er das zentrale preußisch-deutsche Nationalsymbol, an dessen Geschichte sie wieder anknüpfen wollen. So feierte die rechtsextreme Zeitschrift Compact das Wiederaufbauprojekt unter dem Titel „Preußens Herz muss wieder schlagen!“ Sie freuen sich über das Engagement von Kirche und Bund. Schließlich hat der rechtsextreme Initiator des Projektes durchgesetzt, dass man in Architektur, Nutzungskonzept und Namensgebung weitgehend bruchlos an den historischen Symbolbau anschließt. Es ist nicht das erste Mal, das Demokraten wegen einer mangelnden Abgrenzung zum Rechtsradikalismus dessen fatalen Einfluss auf die Gesellschaft mehren.
Wer dies nicht möchte, kann immer noch unsere Petition zeichnen:
https://weact.campact.de/petitions/garnisonkirche-potsdam-die-verbindungen-zu-rechtsextremen-brechen
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