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In der nationalsozialistischen Propaganda spielte der „Tag von Potsdam“ eine große Rolle. Am 21. März 1933 übergab Reichspräsident Paul von Hindenburg anlässlich der Eröffnung des am 5. März 1933 gewählten Reichstags symbolisch die Macht an Hitler, den am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannten Führer der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP). Zu dem Staatsakt unter der Parole „Einheit von alter Kraft und neuer Größe“ in der barocken Garnisonkirche an der Breiten Straße in Potsdam waren Minister und Abgeordnete, aber auch Hohenzollernprinzen, hochrangige Militärs und andere Vertreter des altpreußischen Staates erschienen. Deren Beteiligung an dem Spektakel kam den Nationalsozialisten gelegen, denn sie konnten damit demonstrieren, dass die neue Regierung auf preußischen Traditionen wie Gottvertrauen, Nähe zum Volk und Treue zum Staat, aber auch Verlässlichkeit, Ordnung und Pünktlichkeit beruht und sich damit fundamental von der Weimarer Republik unterscheidet, die von den Nationalsozialisten und der extremen Rechten als chaotisch sowie jüdisch-bolschewistisch verseucht verteufelt wurde. Der 21. März wurde mit Bedacht als Datum für den „Tag von Potsdam“ gewählt, denn er war nicht nur der mit vielen Erwartungen verbundene Frühlingsanfang, sondern war auch derjenige Tag, an dem Kaiser Wilhelm I. 1871 Otto von Bismarck zum Reichskanzler ernannte.
Die barocke Garnisonkirche war für die von Hitler geführte „Regierung der nationalen Revolution“ so wichtig, dass sie 1934, zum ersten Jahrestag des Tags von Potsdam, silberne Zwei- und Fünf-Reichsmark-Münzen (RM) mit der Gebäudeansicht von vorn prägen ließ. Die „Bekanntmachung über die Ausprägung von Reichssilbermünzen im Nennbetrage von 2 und 5 Reichsmark“ vom 16. März 1934 gibt außer Angaben über die Gestaltung und die technischen Parameter nichts über die Absichten her, die mit dieser Ausgabe verbunden war. Auf dem Rand ist die aus dem Programm der NSDAP von 1920 entnommene Randschrift „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ zu lesen. Mit dem Schlagwort sollte die so genannte Volksgemeinschaft nach dem Motto „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ geschmiedet werden. Dass im Reichsrundfunk als Pausenzeichen das Glockenspiel der Garnisonkirche mit der von Wolfgang Amadeus Mozart komponierten Melodie zum Choral „Üb immer Treu und Redlichkeit“ erklang, unterstreicht die besondere Wertschätzung der Garnisonkirche in der von Joseph Goebbels kommandierten Nazi-Propaganda.
Die näheren Umstände für die von dem Bildhauer und Medailleur Alfred Vocke (Vorderseite) und dem Stempelschneider der Berliner Münzstätte Reinhard Kullrich (Rückseite) gestalteten Geldstücke mit der Garnisonskirche ist bislang nicht erforscht. Vocke muss einen guten Stand bei der Regierung und Parteiführung gehabt haben, denn er war auch Gestalter der von 1936 bis 1939 ausgegebenen Kursmünzen zu fünf und zwei RM aus Silber mit dem Kopf des 1934 verstorbenen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Es ist davon auszugehen, dass die Münzen im Zusammenspiel von Reichskanzlei, Propagandaministerium, Finanzministerium und NSDAP entstanden sind.
Die Münzen mit der Garnisonkirche zu 5 RM wurden 75 Millionen mal in 900er Silber,[1] die zu 2 Reichsmark 5 Millionen mal in 625er Silber geprägt. Damit waren sie ein weit verbreitetes Zahlungsmittel und viel häufiger als die Gedenkausgaben von 1933 zum 450. Geburtstag von Martin Luther (5 RM, Auflage 1 Million) und die von 1934 zum 175. Geburtstag von Friedrich Schiller (2 und 5 RM, 1934, Gesamtauflage 400.000).
Eine wohl noch in der Weimarer Republik geplante Gedenkmünze zum 50. Todestag von Richard Wagner 1933 kam aus bislang nicht bekannten nicht zustande. Das gilt auch für Sondermünzen zu 5 RM, die 1935 zur „Heimkehr der Saar“ herauskommen sollte. Von ihr existieren nur wenige Probeabschläge. Dies gilt ebenso für die Zeit nach dem „Endsieg“ geplante Münze zu 5 RM mit dem Kopf von Hitler und einer „Siegesmünze“ von 1940 zu 10 RM.
Die Münzjahrgänge von 1934 und 1935 mit der Garnisonkirche kommen auf der Vorderseite auch ohne das Datum vor. Regimegegner benutzten die freie Fläche, um Parolen wie „Hitler verrecke“ oder „Brandstifter Nazis und Mörder“ zu gravieren. Vor allem im Stuttgarter Raum wurden derartige Münzen von der Reichsbank und Gestapo sichergestellt. Solche Veränderungen durch Gravur oder Auflöten von Hüten sind aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert bekannt. Ab und zu kommen so umgewandelte und daher ungültig gemachte Silbermünzen mit dem Kopf des 1918 ins Exil gegangenen Kaisers Wilhelm II. vor. Sammler legen diese Stücke in das Fach Spottmünzen oder „Wilhelm mit Zylinder“ ab.
Das Motiv der Garnisonkirche wurde im Jahr 1936 durch die Darstellung des 1934 verstorbenen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg auf den 5 und 2 RM Münzen abgelöst. Von 1936 bis 1939 wurde von ihnen über 250 Millionen Exemplare (zu 2 bzw. 5 RM, Reichsadler mit oder ohne Hakenkreuz) geprägt.[2] Laut Artikel III im Gesetz 53 der Alliierten Militärregierung wurden die 5-RM-Münzen am 18. September 1944 außer Kurs gesetzt. Dieses Gesetz galt für das gesamte von den Alliierten besetzte deutsche Gebiet und verlangte die Ablieferung der Münzen. Diesem Gebot kamen allerdings nur wenige Menschen nach, so dass sich heute noch sehr viele Stücke in Privatbesitz befinden, während ein Großteil eingeschmolzen wurde.
In der NS-Zeit wurden auch Medaillen zum „Tag von Potsdam“ hergestellt. Eine von Karl Goetz gestaltete Gussmedaille feiert den Tag von Potsdam mit einer Darstellung des Handschlags von Hindenburg und Hitler sowie einem über der Potsdamer Garnisonkirche kreisenden Adler, der das Hakenkreuz in den Klauen hält. Diese Medaille gibt es in Bronze (110 mm) und in Silber (36 mm, 19,57 g). Letztere wurde vom Bayrischen Hauptmünzamt in München vertrieben.
Die Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin würdigte den „Tag von Potsdam“ mit einer Porzellanmedaille, die die Garnisonkirche von der Seite darstellt. Mit der einem Gedicht von Max von Schenkendorf übernommenen Parole auf der Rückseite „Nimmer wird das Reich zerstöret, wenn ihr einig seid und treu“ hatten die Nationalsozialisten zur Reichstagswahl 1933 um Stimmen für Hitler geworben. Sieben Jahrzehnte später bot die Porzellanmanufaktur Weihnachtkugeln an, deren Erlös dem Wiederaufbau der 1945 zerbombten und 1968 abgerissenen Kirche zugute kommen sollte.
Zum selben Zweck bot die Staatliche Münze Berlin 2005 eine Medaille mit der Garnisonkirche an (30 mm, 500er Silber, Auflage: 50.000, Gestalter: Othmar Kukula).
Bereits 1979 hatte der Berolina Medaillenvertrieb eine Medaille mit der der Garnisonkirche und dem Sinnspruch „PRO GLORIA ET PATRIA hergestellt (40 mm, 23 g).
1991 brachte die rechtsgerichtete Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel eine vergoldete Medaille auf den Markt, mit einer Darstellung des von ihr gestifteten Nachbau des Glockenspiels auf der Plantage, verbunden mit der Choralzeile „Üb immer treu und Redlichkeit“. Ein zweites Motiv zeigt das Glockenspiels des historischen Kirchturms.
Alle nach 1945 hergestellten Münzen thematisieren nicht den Tag von Potsdam. Allerdings sind aus der Zeit vor 1933 keinerlei Münzen und Medaillien zur Garnisonrkirche Potsdam bekannt.
Helmut Caspar (*1943) verlebte seine Kindheit und Jugend in Potsdam. Nach einer Schriftsetzer-Lehre und dem Geschichts- und Germanistikstudium an der Universität in Rostock arbeitete er als Lehrer, aber wechselte bald nach Ost-Berlin, um zunächst als Redakteur der Tagespresse zu arbeiten. In den achtziger Jahren war er am Institut für Denkmalpflege der DDR als Pressereferent tätig. Ab 1991 war Caspar als Redakteur in der Tageszeitung Neue Zeit tätig. Im Juli 1994 stellte das Blatt sein Erscheinen ein; seitdem ist er in Berlin als freier Journalist tätig und unterhält dort auch die Geschäfts- und Pressestelle des Verbands der deutschen Münzenhändler.
[1] Die Verbesserung der Legierung von 500er Silber auf 900er beziehungsweise 625er Silber war schon während der Weimarer Republik geplant gewesen, um, wie von Vielen gewünscht, Durchmesser und Gewicht der Geldstücke zu verringern.
[2] Die genauen Angaben finden sich im Katalog von Kurt Jaeger „Die deutschen Münzen seit 1871“ (Gietl Verlag Regenstauf, 26. Auflage 2019) und in anderen Publikationen
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