Videodokukmentaion der Tagung „Gott mit uns!“

Das schwierige Erbe des Nationalprotestantismus, Berlin Oktober 2021

Koppelschloss für den Gürtel der Uniform deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg
Koppelschloss für den Gürtel der Uniform deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg

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Die Potsdamer Garnisonkirche, deren Kirchturm gegenwärtig wieder aufgebaut wird, steht nach Ansicht der Bauherr*innen für „christlich verantwortetes Handeln für die Gemeinschaft, für die Verbindung von christlichem Glauben und ‚preußischen Tugenden.‘“ Was ist damit gemeint? Und ist die Begründung für die Wiedererrichtung der Garnisonkirche als nationaler Erinnerungsort der Bundesrepublik Deutschland überzeugend? Das Symposium erörtere die Frage nach dem Zusammenhang von Nationalismus und Protestantismus . Kann der „Mythos Preußen“ auch unter demokratischen Bedingungen eine Rolle spielen und inwieweit kommt in ihm nationalprotestantisches Gedankengut zum Tragen?

Hier auf dieser Website ist die Veranstaltung einschließlich der Diskussionen im Videoformat dokumentiert. Im Jahr 2022 werden die Vortragsmanukripte als epd-Dokumentation publiziert. Alle Vorträge sind in Textform publiziert als Epd-Dokumentation 5-6/23: »Gott mit uns!« – Das schwierige Erbe des Nationalprotestantismus, herausgegeben von Horst Junginger, Philipp Oswalt und Andreas Pangritz. 84 Seiten , 6,80 €, Bestellung der Printausgabe per Email: kundenservice@epd.de

Videodokumentation

Die Ehe von Thron und Altar

Die protestantische Kirche legitimierte erst in Preußen und dann im Deutschen Reich die monarchische Herrschaft als gottgegeben. Kirche, Staat und Militär gingen eine enge Verbindung ein. Gemeinsam galt ihnen das Christentum als Motivation und Begründung von Kriegen und eines übersteigerten Nationalismus.

13.50 Uhr       Tillmann Bendikowski: Gottes Krieger und der Glaube an die Unbesiegbarkeit

14.30 Uhr       Karsten Krampitz: Der Nationalprotestantismus als preußische Erbschaft

15.00 Uhr       Diskussion

15.30 Uhr       Pause

Nationalismus und Rassismus im Namen Christi

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts propagierte der deutsche Nationalprotestantismus völkisches, antisemitisches und antidemokratisches Ideengut. Darauf aufbauend legitimierte der preußische Generalsuperintendent Otto Dibelius mit seiner Predigt zum Tag von Potsdam die nationalsozialistische Machtergreifung seitens der evangelischen Kirche.

15:50 Uhr       Andreas Pangritz: Die Auseinandersetzung zwischen Otto Dibelius und Karl Barth

16.20 Uhr       Manfred Gailus: Otto Dibelius und der Nationalsozialismus

16:50 Uhr       Diskussion

17:20 Uhr       Pause

17.40 Uhr       Agnieszka Pufelska: Antipolonismus

18.10 Uhr       Micha Brumlik: Antisemitismus

18.40 Uhr       Pause

Das schwierige Erbe des Nationalprotestantismus

Die Garnisonkirche Potsdam war das bedeutendste Symbol des Nationalprotestantismus. Wie geht ihr begonnener Wiederaufbau mit diesem Erbe um?

19.00 Uhr       Eingangsstatements Wolfgang Huber und Hajo Funke, Abenddiskussion mit Podium: Wolfgang Huber, Hajo Funke, Micha Brumlik, Agnieszka Pufelska, Christan Staffa, Moderation: Renata Schmidtkunz

Samstag, 2. Oktober

Militärseelsorge im Konflikt

Seit der Entstehung des deutschen Reiches predigten Militärpfarrer Gehorsam und Gewalt, zelebrierten Krieg und Heldentod. Die Wiedereinführung der Militärseelsorge ab 1957 führte zu grundsätzlichen Kontroversen, die nach der Wiedervereinigung 1990 erneut aufbrachen.

10:00 Uhr       Hermann Düringer: Militärseelsorge in den Kolonialkriegen in China und Deutsch-Südwest  

10.30 Uhr       Dagmar Pöpping: Wehrmachtsseelsorge und der Krieg gegen die Sowjetunion

11:00 Uhr       Angelika Dörfler-Dierken: Militärseelsorge in der Bundeswehr

11.30 Uhr       Diskussion, Moderation: Renata Schmidtkunz

12.30 Uhr       Mittagspause

Rechtes Christentum und Staatsräson

Der Nationalprotestantismus positionierte sich bereits im Kaiserreich gegen Liberalismus, Demokratie und Sozialismus. Nach 1945 fiel es der evangelischen Kirche schwer, sich mit ihren eigenem Erbe kritisch zu befassen, während die Neue Rechte versucht, diese antidemokratischen Traditionen wiederzubeleben.

13.30 Uhr       Horst Junginger: Antikommunismus und Antisäkularismus im Wandel der politischen Systeme

14.00 Uhr       Tetyana Pavlush: Vergangenheitsbewältigung in der evangelische Kirche nach 1945

14.30 Uhr       Philipp Oswalt: Nationalprotestantismus in der Neuen Rechten

15.00 Uhr       Diskussion, Kommentar: Jörg Müller, Moderation: Renata Schmidtkunz

16.00 Uhr       Pause

Christliche Nationalsymbole heute

Auch heute noch versteht sich der deutsche Staat als christlich geprägt. Dazu gehört, dass mit nationalen Bauprojekten wie der Garnisonkirche Potsdam oder der Kuppel des Berliner Schlosses Nationalsymbole rekonstruiert werden, welche ganz bewusst christliche Werte verkörpern sollen.

16.30 Uhr Impulsstatement Eckart Conze, Gesprächsrunde mit Eckart Conze, Annette Leo, Wieland Niekisch, Philipp Oswalt, Moderation: Renata Schmidtkunz

18:00 Uhr Schlusswort: Micha Brumlik

Veranstalter:
Martin-Niemöller-Stiftung e.V.,
in Kooperation mit der Universität Kassel,
unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung

Teilnehmerinnen :

  • Dr. Tillmann Bendikowski: Freischaffender Historiker und Publizist, Hamburg
  • Prof. Dr. Micha Brumlik: Erziehungswissenschaftler (Seniorprofessor an der Universität Frankfurt a.M.)
  • Prof Dr. Angelika Dörfler-Dierken: Kirchenhistorikerin, Universität Hamburg
  • Prof. Dr. Eckart Conze: Historiker, Philipps-Universität Marburg
  • Dr. Hermann Düringer, Theologe, Leiter der evangelischen Akademie Arnoldshain a.D.
  • Prof. Dr. Hajo Funke: Politikwissenschaftler, Prof. em., Freie Universität Berlin
  • Prof. Dr. Manfred Gailus: Historiker, Technische Universität Berlin
  • Prof. Dr. Wolfgang Huber: Evangelischer Theologe, ehemaliger Ratsvorsitzender der EKD und Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Prof. em. Universität Heidelberg
  • Prof. Dr. Horst Junginger: Religionswissenschaftler, Universität Leipzig
  • Dr. Karsten Krampitz: Historiker, Berlin
  • Dr. Annette Leo, Historikerin, Berlin
  • Jörg Müller, Leiter des Verfassungsschutz Brandenburg
  • Dr. Wieland Niekisch, Historiker, Stadtverordneter Potsdam (CDU), Leiter des Zentrum für Zeitgeschichte der Polizei an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg
  • Prof. Philipp Oswalt, Architekturwissenschaftler, Universität Kassel
  • Prof. Dr. Andreas Pangritz: Evangelischer Theologe, Universität Bonn
  • Dr. Tetyana Pavlush: Historikerin, Cardiff University
  • Dr. Dagmar Pöpping: Historikerin, Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte, München
  • Renata Schmidtkunz, Evangelische Theologin, Journalistin und Filmemacherin, Wien
  • Dr. Christian Staffa: Evangelischer Theologe, Antisemitismus-Beauftragter der EKD, Studienleiter der Evangelischen Akademie zu Berlin

Zum Thema der Tagung

Exemplarisch für die Thematik ist die Person Otto Dibelius, einem der einflussreichsten Kirchenpolitiker Deutschlands im 20. Jahrhundert. Von 1925 – 1933 war er Generalsuperintendent der Kurmark und seit 1945 Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Von 1949 bis 1961 amtierte er zudem als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und stand in dieser für die Entwicklung der Kirche entscheidenden Zeit an der Spitze des deutschen Protestantismus. In seiner fast sechzigjährigen kirchlichen Karriere durchlief Dibelius in vier politischen Systemen nahezu alle Stationen eines preußisch-deutschen Kirchenführers. Abgesehen von seinen vielfältigen kirchlichen Ämtern trat Dibelius als produktiver und streitbarer Publizist in Erscheinung. Er nahm in einer Vielzahl an Predigten, Büchern, Aufsätzen und Verlautbarungen Stellung zu theologi­schen und kirchlichen Streitfragen und zum politischen Zeitgeschehen. Spätestens seit der Veröffentlichung seines epochemachenden Buches Das Jahrhundert der Kirche (1926) wurde er in der Öffentlichkeit als wichtige Stimme des deutschen Protestantismus wahrgenommen. Die zwischen ihm und dem reformierten Schweizer Theologen Karl Barth geführte Auseinandersetzung zeugt von seiner starken Präsenz in der kirchlich-konserva­tiven Öffentlichkeit. Dibelius war für lange Zeit die dominante Führungspersönlichkeit der evangelischen Kirche, so dass es nicht zu hoch gegriffen ist, ihn als eine protestantische Jahrhundertfigur zu bezeichnen.

Was die nationalsozialistische Machtergreifung und den Tag von Potsdam betrifft, charakterisierte sich die Haltung von Dibelius durch eine sowohl politische als auch theologische Zweideutigkeit. Einerseits befürwortete er die Überwindung der „Gottlosenrepublik“ von Weimar durch das NS-Regime. Die gewaltsame Ausschaltung der politischen Gegner nannte er legitim und notwendig. Von Martin Luther habe die Kirche gelernt, dass sie der staatlichen Gewalt nicht in den Arm fallen dürfe, „wenn sie tut, wozu sie berufen ist. Auch dann nicht, wenn sie hart und rücksichtslos schaltet.“ Wie er am 21. März 1933 in der Potsdamer Nikolaikirche weiter ausführte, sei durch die Gnade Gottes nun eine neue Zukunft für Deutschland angebrochen. Der Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April stieß ebenfalls auf die „volle Sympathie“ von Dibelius: „Man kann nicht verkennen, dass bei allen zersetzenden Erscheinungen der modernen Zivilisation das Judentum eine führende Rolle spielt.“ Und selbst 1965 konnte er in einem Brief an den Theologen Wolfgang Gerlach nichts Falsches an seiner damaligen antijüdischen Einstellung erkennen.

Auf der anderen Seite machte Dibelius auch während des Dritten Reiches keinen Hehl daraus, dass seine politische Präferenz einer autoritären, monarchisch-christlichen Staatsauffassung galt. Der von ihm tief verehrte und vor dem Betreten der Nikolaikirche ehrfurchtsvoll begrüßte Reichspräsident Paul von Hindenburg repräsentierte für ihn wie kein anderer die Verbindung von Christentum und Nationalismus, wie sie ihm für das Deutsche Reich als beispielhaft vorschwebte. 1925, im Jahr seiner Ernennung zum Generalsuperintendenten der Kurmark, hatte sich Dibelius der Deutschnationalen Volkspartei angeschlossen. Seit dieser Zeit setzte er sich auch parteipolitisch für die nationalprotestantischen Werte eines der Gedankenwelt der kaiserlichen Monarchie verpflichteten Konservatismus ein. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass er mit vielen Kampfparolen der nationalsozialistischen Revolution nicht einverstanden war. Vor allem als die christlich-völkische und zugleich antimonarchische Bewegung der Deutschen Christen in kirchliche Machtpositionen einzurücken begann, sah sich Dibelius zum Widerspruch herausgefordert. Daraus jedoch eine grundsätzliche Opposition gegen Hitler und den Nationalsozialismus zu konstruieren, wie das nach 1945 vielfach getan wurde, geht an der historischen Realität vorbei.

Obwohl sich Dibelius oft dagegen aussprach, dass sich die Kirche und ihre Führer in die Parteipolitik einmischen, trat er unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in die CDU ein. Sein Engagement für die DNVP erfuhr auf diese Weise eine an die veränderte Situation angepasste Neuausrichtung. Das von ihm mitformulierte Stuttgarter Schuldbekenntnis vom Oktober 1945 trug maßgeblich dazu bei, dass sich die protestantischen Auslandskirchen Deutschland gegenüber konziliant zeigten. Dibelius gingen selbst die geringfügigen Zugeständnisse der Stuttgarter Schulderklärung zu weit. Von der jüngeren historischen Forschung wird die Erklärung dagegen als nicht weit genug gehend und zu sehr auf taktische Überlegungen hin ausgerichtet kritisiert. Ein Wort über die sechs Millionen jüdischen Opfer des Nationalsozialismus fehlt darin.

Schon ein paar Monate vorher hatte sich Dibelius im Mai 1945 in einem Akt der souveränen Selbstermächtigung zum Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg ernannt. Besonders kämpferisch trat er als „Cold War Bishop“ in der Auseinandersetzung mit der kirchen- und christentumsfeindlichen Religionspolitik der DDR hervor. Der 1957 geschlossene Militärseelsorgevertrag wurde in diesem Zusammenhang ein wichtiger Schritt für die Wiederbewaffnung und militärische Integration der Bundesrepublik in die NATO. Er stieß bei vielen Christen in der BRD wie in der DDR auf Ablehnung. Dass die Friedensbotschaft der Bibel und die Remilitarisierung Deutschlands nicht als Gegensatz betrachtet wurden, ging nicht zuletzt auf die Bemühungen von Dibelius zurück. Er knüpfte dabei an sein 1930 veröffentlichtes Buch Frieden auf Erden? an, in dem er die Frage „Will Gott den Krieg?“ mit absoluter Gewissheit verneinte. Gleichzeitig beharrte er aber mit ebenso großer Gewissheit auf dem Recht Deutschlands, notfalls Krieg zu führen und sich hierfür der Hilfe Gottes sicher zu sein.

Dass diese von ihm sowohl für den Ersten als auch den Zweiten Weltkrieg reklamierte Lesart der christlichen Nächstenliebe dann auf die Bundesrepublik ausgeweitet wurde, macht die Kontinuität seiner Grundhaltung deutlich. Die militärische Aufrüstung im Kalten Krieg bedeutete deswegen bei ihm keinen Bruch mit der Vergangenheit, sondern die Fortsetzung des alten Denkens in einem neuen Kontext. Es wird ihm das Wort zugeschrieben: Wir haben 1945 da weitergemacht, wo wir 1933 aufhören mussten. Seine Ablehnung des Pazifismus räumte zwar das Recht auf individuelle Kriegsdienstverweigerung ein. Doch an der grundsätzlichen Forderung nach einem militärisch starken Deutschland änderte das nichts. Das tragende Fundament seines Weltbilds blieb die Idee eines nationalen Protestantismus, die sich als roter Faden durch sein politisches Engagement vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik hin durchzog. Gleichzeitig war Dibelius ein herausragender Vertreter kirchlicher Interessen und sein Einfluss auf die religionspolitische Entwicklung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg ohne Beispiel.

Der „Geist von Potsdam“, den die Garnisonkirche über Jahrhunderte verkörperte, stand „für einen autoritären Staat, für eine harte Innenpolitik und eine kriegerische Außenpolitik“ (Matthias Grünzig). Als der Alliierte Kontrollrat am 25. Februar 1947 die Auflösung des Staates Preußen verfügte, begründete er seinen Entschluss mit dem Geist des Militarismus und der Reaktion, der dort „seit jeher“ geherrscht habe. Sechs Jahrzehnte später wurde das Kontrollratsgesetz Nr. 46 am 23. November 2007 mit dem Gesetz zur Bereinigung des Besatzungsrechts „deklaratorisch“ aufgehoben. Seither gewannen auch die Bemühungen an Fahrt, die Potsdamer Garnisonkirche wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Was heißt aber „alter Glanz“? Hierüber bestehen durchaus kontroverse Auffassungen. Was für die einen hehres Idealbild ist, stellt sich für andere als Schreckensvorstellung dar.

Der Streit, ob der historische Ort der ehemaligen Garnisonkirche wieder in den Rang eines über die Stadt Potsdam hinausweisenden nationalen Erinnerungsortes erhoben werden soll, rührt an die Grundfragen unseres demokratischen Selbstverständnisses und entscheidet auch darüber, wie Deutschland von seinen Nachbarn gesehen wird. Der Holocaust und die Schrecken des Zweiten Weltkriegs sind dort noch lange nicht vergessen. Den Wiederaufbau der Garnisonkirche mit der Wiederherstellung des alten Potsdamer Stadtbilds, der „schönen Barockarchitektur“ oder der Ankurbelung des Tourismus zu begründen, wie das oft zu hören ist, wird weder der nationalen Bedeutung des Ortes, noch der internationalen Ausstrahlung des Bauwerks gerecht. Noch wesentlich problematischer ist der Verweis auf die „geistige Mitte“, die mit ihm wiedererstehen soll. Das gibt dem Argwohn Nahrung, dass sich hinter den Wiederaufbauplänen andere, nationale oder nationalistische Interessen verbergen könnten. Im Gegensatz zur Frauenkirche Dresden geht es in Potsdam um die Frage der militärischen Bedeutung eines Kirchenbaus, in dessen gesamter Geschichte noch nie jemand auf die Idee kam, in ihm ein Wahrzeichen des Friedens zu sehen. Der naheliegende Verdacht einer „hidden agenda“ muss offen diskutiert und stichhaltig ausgeräumt werden.

Abgesehen von den enormen finanziellen Aufwendungen sollte auch der ideologische Standort der Garnisonkirche Gegenstand des öffentlichen Streits sein. Die Umwandlung der wichtigsten Militärkirche Preußens und des Deutschen Reiches in einen Lernort für den Frieden stützt sich bislang auf eine Mixtur von Argumenten, denen es an Konsistenz und historischer Gründlichkeit gebricht. Die Einheit von Kirche, Monarchie und Militär, die bis 1945 den Markenkern der Garnisonkirche bildete, in eine von Kirche, Demokratie und Frieden zu verwandeln, scheint auf den ersten Blick ausgeschlossen zu sein. Doch wie die Beschäftigung mit Otto Dibelius, seinem Weltbild und politischen Wirken zeigt, ist eine solche Logik nicht nur möglich, sondern in gewisser Weise auch folgerichtig. Sie zielt darauf ab, in einer säkularer werdenden Gesellschaft die Deutungshoheit der Religion aufrechtzuerhalten.

Online seit: 22. September 2021

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