Predigerworte für Deutsche Gotteskrieger

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Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Nationalsozialismus predigten Pfarrer der Garnisonkirche einen Nationalprotestantismus, der den Krieg, das Abendland und Deutschland verherrlichte, unbedingten Gehorsam und Opfergeist einforderte und Kaiser und Führer göttlich legitimierte. Ausgewählte Zitate aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dokumentieren exemplarisch diese Ideologie:

Divisionspfarrer Johannes Kessler predigte zum Abschied der Soldaten, die zur Niederschlagung des Boxeraufstandes in China aufbrachen, am 26. Juli 1900 in der Garnisonkirche Potsdam:
„Der tausendjährige Kampf zwischen Morgen- und Abendland ist wieder angebrochen, es gilt nicht nur die Glieder der Cultur, sondern auch den europäischen Handel, die Fahne, die über unsere Kolonien schwebt, zu schützen! Völker Europas, wahret die heiligsten Güter! Ihr seid aber auch die Streiter Gottes, die nicht ruhen dürfen, bis sein heiliges Wort für alle Völker gilt! Nicht Friede darf werden auf Erden, bis das heilige Evangelium der Glaube aller Völker ist. Ihr seid die Pioniere des gekreuzigten Heilands! Darum Hand an das Schwert!“[1]

Hof- und Garnisonprediger Max Schmidt predigte zur Soldatenvereidigung am 8. November 1907 in Potsdam: „Vaterlandstreue ist für den deutschen Soldaten aber dasselbe wie Fürsten- und Kaisertreue. Ihr wisst alle als Christen, daß wir der Obrigkeit, die Gott gesetzt hat, um Gottes und des Gewissens willen zum Gehorsam verpflichtet sind. Jeder Soldat, ja jeder Knabe weiß, daß es euer kaiserlicher Kriegsherr ist, dem Gott das deutsche Schwert zu führen gegeben hat. Der Soldat, der dem Kaiser geschworen hat, kennt fortan keinen Zweifel daran: Mein Vaterland ist da, wo mein Kaiser ist; wo er befiehlt – ob persönlich, ob durch die Führer und Vorgesetzten, die er bestellt – habe ich um meines Eidschwurs willen, ohne zu zucken, meine Pflicht auszuführen.“[2]

Hofprediger Dr. Walter Richter predigt zum Fahneneid am 10. November 1913 im Langen Stall: „Es muss der Herr unserem Heere voran ziehen im Leben und im Sterben. Wie es am Grimmaischen Tor bei Leipzig war: Hingemäht die Reihen der Treuen und die nächste Reihe stürmt schon hinein – hinan – hindurch. Was kümmern uns die Hügel unserer Leichen – das ist der ‚Herrengeist’, […] . Zurück, zurück mein Volk in diesen Opfergeist, wenn du vorwärts willst – und du stehst nicht am Ende, sondern am Anfang deiner Weltensaat.“[3]

Hof- und Garnisonprediger Bernhard Rogge hielt im Ruhestand am 25. Dezember 1914 die Predigt zur ersten Kriegsweihnacht in Potsdam:  „Der Kampf, in dem wir für den Fortbestand des Deutschen Reiches, für die Ehre und Wohlfahrt des deutschen Volkes stehen, [ist] zugleich ein Kampf für das Reich Gottes. […] Wenn das deutsche Volk, das Volk der Ideale, des Charakters versänke, so versänke mit ihm das ganze menschliche Geschlecht. [Vor uns steigt] heute schon das Zukunftsbild eines verjüngten Deutschlands [auf], das aus diesem Kriege hervorgehen wird. […] Ein Segen für die Welt, ein Träger und Bringer echter, christlichster und zugleich echt menschlicher Kultur, […] ein Salz für die Erde, ein Licht für die Welt. Schon haben wir’s erfahren, daß unser Volk dieser großen Erschütterung in der großen Zeit des Krieges bedurfte. Um von so manchen Verwirrungen bekehrt und befreit zu werden, aus der Gefangenschaft der Welt zum Leben in Gott und zum Leben mit Gott und zur Hingebung jedes einzelnen an das große Ganze, und daß nur im heißen Läuterungsfeuer die Schlacken von dem edlen Metall hingweggeschmolzen werden.“[4]

Der Potsdamer Hof- und Garnisonspfarrer der Garnisonkirche Johannes Vogel predigte zum Erntedankfest am 1. Oktober 1916 in Pinsk (Russland): „Und doch ist der Krieg jetzt Deutschlands Beruf, unser großes Ackerfeld, das wir mit Blut und Eisen bestellen müssen. Wieviel Wachstum und Erfolg an Land und Städten, an Gefangenen und Geschützen, bis zu Mackensens schönem Erfolg[5], der gestern gemeldet ward. Ja, so hart es klingen mag im Gottesdienst, es ist doch so, jede Granate, die heulend hinüberzischt und Breschen schlägt ins Bollwerk des Feindes, jede Bombe, die aus unseren Luftschiffen herniederfährt und das Mauerwerk der englischen Munitionsfabriken zerreißt, jedes Torpedo, das den Rumpf feindlicher Schiffe trifft und auf den Grund des Meeres schickt – es ist Wachstum auf dem blut’gen Feld dieser großen Gegenwart, aus der als Ernte ein neues, besseres Deutschland, ein in sich geschlossenes, sittlich festes, weltstarkes Volk Gott zu Ehren und der Menschheit zu Fried‘ und Segen reifen soll.“[6]

Der preußische Generalsuperintendent Otto Dibelius predigte am Tag von Potsdam, den 21. März 1933, in der Nikolaikirche: „Durch Nord und Süd, durch Ost und West geht ein neuer Wille zum deutschen Staat, eine Sehnsucht, […] was uns alle eint: dass wir Deutsche sind!  […] Ein Reich, ein Volk, ein Gott. […] Wenn der Staat seines Amtes waltet gegen die, die die Grundlagen der staatlichen Ordnung untergraben, gegen die vor allem, die mit ätzendem und gemeinem Wort die Ehe zerstören, den Glauben verächtlich machen, den Tod für das Vaterland begeifern – dann walte er seines Amtes in Gottes Namen!“

Auch die Wehrmacht im Nationalsozialismus verwendete das Motto „Gott mit uns“.

Pfarrer Walter Richter-Reichhelm, von 1908 bis 1919 Hof- und Garnisonprediger der Garnisonkirche Potsdam, schrieb im April 1933: „Vor unseren Augen ist es geschehen, daß das deutsche Wunder erstand. Jener 21. März 1933 an der Gruft der Könige Preußens in der altehrwürdigen Hof- und Garnisonkirche Potsdams war Frühlingsanfang neuen inneren Werdens und ein vom Eise des Unglaubens und Gottwidrigkeit befreiter Strom neuen deutschen Lebens. […] Nun gilt die Judasmünze nichts mehr, sondern nur das teure, kostbare Blut der Hingabe bis an den Tod, die Kraft, die die Seele einsetzt bis zum Letzten und bis zum Äußersten. […] Ostern kam, aber mit ihm die Frage an die toderweckte Kundry: Was wirst du t u n , daß ich vom Todesschlaf dich aufgeweckt? – Dienen! Dienen! Das sei die Antwort der Arbeit, die nun beginnen muß!“ [7]

Heerespfarrer Rudolf Damrath predigte zur Einweihung der Schwingglocken für die Garnisonkirche Potsdam im Mai 1939:  „Diese Kirche trägt vor unserem ganzen Volk ihr besonderes Gepräge darin, daß sie uns von der Gewalt des Glaubens für Soldatentum und Wehrkraft zeugt. […]  Das wissen die jungen Soldaten, die die Zugehörigkeit zu unserer großen tapferen Wehrmacht dem Tage von Potsdam, der Geburtsstunde des Dritten Reiches verdanken. […] Der Führer unseres Volkes [führte] im vergangenen und in diesem Jahre unser Volk von einem großen Sieg zum anderen.“[8]


[1] Potsdamer Intelligenz-Blatt, Nr. 173, 26.7.1900, 1. Beilage, S.1: Potsdams Scheidegruß dem ostasiatischen Reiter-Regiment.
[2] Max Schmidt, Mannhaftes Christentum: Geleitsbuch für junge und alte Soldaten, 2., veränd. Aufl (Berlin-Lichterfelde: Runge, 1914). S. 16f.
[3] Hofprediger Richter: Zum Fahneneid. Ansprache bei der Rekruten-Vereidigung im Langen Stalle am 10. November 1913, S. 5ff. , in: Domstiftarchiv Brandenburg (Havel), Pfarrarchiv der Garnisonkirche Potsdam, Po-G 82/208.
[4] Rogge: „Lasset uns gehen gen Bethlehem“. Weihnachtspredigt in der Kriegszeit, in: Bruno Doehring, Hrsg., Ein feste Burg. Erster Band. Das Wort Gottes in schwerer Zeit. Predigten und geistliche Reden (Berlin: Verlag von Schmidt & Co., 1919). S. 205 – 212, hier S. 210
[5] Es geht hierbei um einen Zwischenerfolg im Rumänienfeldzug, bei dem Mackensen mit seiner Heeresgruppe dann bis Ende 1916 Rumänien fast vollständig eroberte.
[6] Johannes Vogel, Erntedankfestpredigt 1916 (Pinsk: Pinsker Zeitung, 1916). S. 8
[7] Walter Richter-Reichhelm: Einleitung, in: Derselbe: Deutscher Glaube, Ein Andachtsbuch für das deutsche Haus, Berlin 1934, S. 7-9. Kundry ist eine Figur als Wagners Parsifal-Oper
[8] Das Glockengeläut der Garnisonkirche zu Potsdam. Herausgegeben im Auftrag des Standortpfarramtes unter Mitarbeit von Studienrat Eugen Thiele, Dr. W. Müller-Schöll und Heerespfarrer Damrath (Potsdam, 1942). S. 20/21

Online seit: 2. Juni 2021

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